USA - Der Südwesten
Kathrin:
Der Flug nach Los Angeles dauerte gefühlt eine Ewigkeit. Nach einer unfreiwilligen Nacht am Flughafen (da wir uns beim Abholdatum des Vans vertan hatten) konnten wir dann auch endlich unseren Van in Empfang nehmen.
Zusammen mit unserem Van erhielten wir auch gleich unsere nagelneuen und riesengroßen Crashpads, die wir zuvor bestellt hatten. Die Pakete auspacken war wie Weihnachten. So ausgerüstet machten wir uns sofort auf den Weg zu unserem ersten Ziel, dem Yosemite Valley. Das wunderschöne Tal mit seinen riesigen Steilwänden ist unter Kletterern vor allem für seine Big-Walls bekannt, wie z.B. die Nose. Einige werden uns Frevler schimpfen, aber wir kamen nur zum Bouldern hierher. Die Boulderei war wie erwartet klassisch hart und wir hatten bei relativ warmen Temperaturen doch einige Schwierigkeiten hier zu punkten.
Yosemite ist auch für das Auge wirklich hübsch. Das Tal ist grün, mit einigen Flüssen und die steilen Wände ragen direkt aus den Wiesen empor.
Christian:
Insgesamt war das Yosemite eher stressig, auch wenn die eigentliche Hauptsaison bereits vorbei war. Die ständige Vorsicht vor Bären die einem die Autos mit Leichtigkeit öffnen um an Leckereien (Essen generell, aber auch Zahnpasta, leere Verpackungen usw.) zu kommen hängt ständig wie ein Damoklesschwert über den Köpfen und man ist gezwungen ständig sein riechbares und optisch ansprechendes Hab und Gut in sogenannte Bärboxen zu verstauen. Diese sind auf den Zeltplätzen fest verankert und schützen den Inhalt vor den Bären. Leider aber nicht vor Mäusen wie wir zweimal feststellen mussten. Da die ortsansässigen Mäuse potentiell mit dem Hanta-Virus infiziert sind, hieß es dann auch jedesmal das ganze angefressene Essen ohne vorherige Umleitung durch den eigenen Verdauungstrakt direkt zu entsorgen.
Auch sind die Plätze auf dem legendären Camp4-Zeltplatz heiß begehrt und erfordern ein sehr frühes einreihen in die Warteschlage. Einige legen sich bereits um 3:00 Uhr nachts mit Schlafsack vor das Rangerhäuschen um am nächsten Morgen um 9:00 Uhr dann mit hoher Wahrscheinlichkeit noch einen freien Platz zu ergattern. Wir waren zwar erst um 7:00 Uhr vor Ort, hatten aber trotzdem Glück. Irgendwann müssen wir aber mal länger ins Yosemite. Und dann wegen den hohen Wänden, die das Valley so berühmt haben werden lassen...
Kathrin:
Eines der Boulder-Highlight Ziele im Südwesten der USA und direkt in der Nähe des Yosemite ist Bishop. Hier findet man riesige Granit-Eier sowie kleinere Canyons mit vulkanischem Gestein zum bouldern. Dies sollte nach dem Yosemite für ca. 2,5 Wochen unser Zuhause sein. Hier trafen wir uns auch wieder mit Marleigh und Gabriel, die wir in der Red River Gorge kennengelernt hatten. Die beiden wollten eigentlich nur zwei oder drei Tage bei uns bleiben, blieben aber dann doch über eine Woche. Zusammen mit einer Gruppe Kanadier, die wir gleich zu Beginn unseres Bishop Aufenthaltes kennengelernt hatten, bildeten wir sozusagen eine feste Bouldertruppe, die täglich zusammen loszog um entweder in den Happy Boulders oder in den Buttermilks ihr Unwesen zu treiben. Persönlich haben uns die Buttermilks am Besten gefallen. Das Gebiet sieht super schön aus, die großen Granitblöcke liegen ziemlich verstreut in der Landschaft herum und die Boulderei hat einfach Charakter.
Die Zeit verging viel zu schnell, und da wir nicht - wie schon einmal in den Grampians - schon wieder hängen bleiben wollten, verabschiedeten wir uns schweren Herzens von unseren kanadischen und amerikanischen Freunden und fuhren Richtung Utah mit dem Ziel Joe's Valley.
Natürlich hatten wir nicht nur Boulderei im Kopf, sondern stoppten auf der Fahrt und besuchten den Zion Nationalpark und den Bryce Canyon. Beide Nationalparks lagen sozusagen auf der Strecke und wir nutzten es als gute Gelegenheit ein paar Tage Ruhe vom Bouldern zu haben und uns die grandiose Landschaft in diesem Teil der USA anzuschauen.
Der Zion Nationalpark beherbergt ca. 75% der kompletten Flora von Utah und der Canyon durch den sich der Zion River durchgefräst hat ist dementsprechend grün und fruchtbar. Wir verbrachten hier einen Tag mit Wandern bevor wir weiter zum Bryce Canyon fuhren. Dieser ist eigentlich gar kein richtiger Canyon im eigentlichen Sinne, sondern eher eine Art Amphitheater in dem tausende von Sandsteinsäulen wie eine Terracotta-Krieger-Armee stehen. Bei Sonnenauf- bzw. -untergang leuchten die Farben des Canyons in allen erdenklichen Rot- und Gelb-Tönen und es verschlägt einem den Atem beim Anblick der aufgehenden Sonne über den Säulen. Die Wanderung durch den Canyon war ebenfalls spektakulär schön und wir kamen aus dem fotografieren von immer neuen tollen Felsformationen gar nicht mehr heraus. Dementsprechend schwer war es übrigens auch, eine Auswahl an Bildern zu treffen...
Die beiden Nationalparks waren eine tolle Abwechslung, vor allem der Bryce Canyon hat uns extrem gut gefallen.
Christian:
Ist man lange auf Reise, so stumpft man mit der Zeit ein wenig ab und vergleicht neue Dinge schnell mit Dingen die man zuvor gesehen hat. Nach einiger Zeit ist es dann manchmal schwer neue Waoh!-Effekte zu erleben. Der Bryce Canyon hat es aber mit Leichtigkeit geschafft. Der Ausblick bei Sonnenaufgang von oben in den Canyon und die weite Landschaft dahinter ist wirklich extrem eindrucksvoll!
Kathrin:
Ausgeruht machten wir uns nun auf nach Joe's Valley, in der Nähe von Salt Lake City. Das Gebiet selbst besticht allerdings nicht wie z.B. Bishop durch einzigartig schöne Landschaft. Viele Mienen- und Ölbohrindustrien haben den Anblick des kleinen Tals etwas verschandelt. Die Boulder hingegen sind weltklasse. Feinster Sandstein, braun, gelb und schwarz meliert. Tolle Strukturen und einfach mega gute Linien zum bouldern. Toll ist außerdem, dass der Ort Orangeville den Boulderern erlaubt frei auf den Parkplätzen im Bouldergebiet zu campen. Sogar Toiletten wurden hier bereitgestellt, welche durch Spenden an den AccesFund finanziert werden. Beim Bouldern lernten wir die Franzosen Lydie und Sebastien kennen, mit denen wir von da an zusammen auf die Suche nach den besten Bouldern gingen und jede Menge Spaß hatten.
Christian:
Zwischendurch ging es über einen Ruhetag auch noch zum Arches Nationalpark, der Felsbögen in unglaublicher Anzahl und in allen Formen bietet. Man kann die Hauptattraktionen dort gut zu Fuß erwandern und sieht immer wieder einzigartige, gewaltige Felsformationen. Passt der Stand der Sonne fangen diese auch noch an in leuchtendem Rot und Orange zu strahlen, was den imposanten Eindruck noch weiter verstärkt.
Kathrin:
Als das Wetter schlechter gemeldet wurde, verließen wir Joe's Valley etwas widerstrebend und fuhren in die Red Rocks bei Las Vegas. Wir kamen bei Jace, einem Kletterer den wir zuvor in der Red River Gorge kennengelernt hatten im Haus unter. Jace lud uns kurzerhand ein, solange zu bleiben wie wir wollten und stellte uns ein eigenes Zimmer zur Verfügung. Wir nahmen seine Gastfreundschaft dankend an und blieben knappe 2 Wochen. Eigentlich wollten wir nur bouldern, aber nach ein paar Tagen gingen wir dann doch auch Sportklettern, da die Felsen dort einfach zu gut aussehen.
Einmal rafften wir uns sogar für eine Mehrseillängenroute auf. Hierfür sind die Red Rocks wohl am meisten bekannt, denn die Wände, die immer viel kleiner aussehen als sie eigentlich sind, bieten Trad-Multipitch-Vergnügen in moderaten Graden vom Feinsten. Auch wenn die Route leicht war, so darf man doch nicht die Zeit unterschätzen, die man dafür braucht... Vor allem für den Abstieg/Heimweg:
Wir standen um 5:00 Uhr morgens auf, brauchten eine Stunde zu Fuß zum Einstieg der Route, kletterten ca. sieben Stunden und machten ca. 600 Höhenmeter (mein neuer Highpoint). Suchten im Anschluss darauf ca. eine halbe Stunde nach dem Abstieg, brauchten ca. zwei Stunden bis zurück ins Tal, nachdem wir zwar nicht die richtige Abseil-Stelle, aber immerhin IRGENDEINE Abseilstelle gefunden hatten. Anschließend verfehlten wir den guten Trampelpfad und krabbelten noch ca. 2,5 Stunden lang in einem trockenen Flussbett über glatt geschliffene, meterhohe Blöcke bis uns der Hintern weh tat. Nach einem weiteren Umweg von ca. 45 Minuten erreichten wir erschöpft aber glücklich wieder unser Auto und trafen uns mit unseren Freunden aus der Kletter-WG in Bonnie-Springs, einem total netten Western-Lokal zum Feierabendbier.
Für einen Tag trafen wir uns auch mit Stephan aus Mainz, der gerade zufällig auf USA Tour und in der Nähe war. Nach einem lustigen Bouldertag und ein paar Bier am Feuer musste er allerdings auch schon wieder weiter.
Das Tolle an den Red Rocks ist unter anderem auch die Nähe zu Las Vegas. Und natürlich nutzten wir dies aus und fuhren relativ oft abends in die große, bunte Plastik-Stadt. Man kann sagen was man will, ich finde Vegas toll. Alles ist bunt, leuchtet und es stehen dort einfach alle verrückten Bauten herum, die man sich nur denken kann. Man ist in zehn Minuten von Paris nach Venedig gelaufen, vorbei an den zur Musik tanzenden Fontainen des Bellagio und dem Vulkan des Mirage. Künstliche Wetter- und Naturphänomene? Kein Problem! Vegas hat es bestimmt. Neben dem Vulkan konnte man z.B. auch ein Gewitter in der Shopping-Mall miterleben. Wir haben uns so ziemlich alle großen Casinos angeschaut, alleine wegen der unglaublichen Architektur und der grotesken Kombination von Menschen, die sich in diesen Labyrinthen herumtreiben. Vom überstylten Millionär bis zum Flip Flop tragenden Badetouristen sieht man dort alles. Ein Paradies für Sozialstudien sozusagen. Verspielt haben wir übrigens keinen Cent. Wir haben unser Geld lieber in Shows investiert. Unser absolutes Highlight war "Le Rêve - The Dream", welches in einem eigens dafür konstruierten Rund-Theater mit Wasserbühne stattfindet. Alleine wegen dieser Show lohnt es sich, nach Vegas zu kommen. Wir haben nie etwas vergleichbares gesehen und die Show jagte uns eine Gänsehaut nach der anderen über den Rücken.
Unsere Zeit in den Staaten wurde kürzer und kürzer und irgendwann kam dann wieder der Moment, sich auf den Weg zum nächsten Ziel zu machen. Wir hatten uns mit dem französischen Pärchen Sebastien und Lydie in Joshua Tree verabredet und auch Kai, den wir im Yosemite kennengelernt hatten, wollte dort mit seiner Freundin sein. Kurz vor unserer Heimreise war es super, nochmal einige bekannte Gesichter zu treffen und wir verbrachten noch drei tolle Tage mit unseren Freunden dort beim Bouldern. Dann hieß es irgendwann Sachen in die Rucksäcke packen, Crashpads drum, Van abgeben und ab in den Flieger nach New York, bevor es endgültig heim nach Deutschland gehen sollte...
In New York hatten wir ein wirklich nettes Appartement in Brooklyn. UND: Wir waren aus Versehen exakt zum "Black Friday" dort! Am "Black Friday" herrscht in New York Ausnahmezustand und alle Bürger scheinen sich in Schlangen vor oder in irgendwelchen Geschäften zu drängeln um eines der Superschnäppchen abzugreifen, welche es in den Geschäften ab 12:00 Uhr nachts abzustauben gibt. Was bleibt einem also anderes übrig, als die letzten paar Kohlen beim Shopping auf den Kopf zu hauen?
Neben der Freiheitsstatue, dem Central Park, dem 9/11 Memorial und dem Broadway haben wir gar nicht viel von New York gesehen. Irgendwie waren wir ziemlich erschöpft, im Geiste schon auf dem Heimflug und irgendwie war uns alles zu groß. Gut, dass es dann auch nach drei Tagen endlich nach Hause ging. Mit einem lachenden und einem weinenden Auge und jeder Menge Gepäck verließen wir die Staaten und setzten uns ins Flugzeug, was uns wieder in die Heimat brachte.
Wirklich ein komisches Gefühl nach so einer langen Zeit. Man macht sich Gedanken, was sich wohl verändert hat und wie es in den nächsten Wochen werden wird. Trotzdem haben wir uns aber erst mal gefreut wieder nach Hause zu kommen und all unsere Freunde und Familie wiederzusehen.